Folgen der Steuer

Vorab: Ich empfehle den Artikel der Egarage dazu zu lesen! Und auch die Pressemitteilung des BFTG sollte man sich vorher gönnen 🙂 . Ich richte mich mit diesem Beitrag eher an den normalen Dampfer als Erklärung was grade passiert 🙂 .

Das BFTG gibt an, das aktuell 10 % der Shops fest davon ausgehen, mit Einführung der Steuer zu schließen. Und das 37 % der Shops ein Ende für sehr wahrscheinlich halten. Vermutlich werden die meisten davon den Abverkauf (wohl bis 02/2023, aber das Datum ist noch nicht sicher!) mitnehmen und dann ihre Türen schließen.

Man geht also davon aus das wahrscheinlich jeder 2. Shop in den nächsten 18 Monaten verschwinden wird.

Das ist eine Schätzung, die ich als realistisch ansehe. Über die ersten 18 Monate hinaus bis 2026 sehe ich sogar eine noch härtere Konsolidierung. Die Onlineshops ohne Eigenlager, die reines Dropshipping betreiben, und auch die „Big Player“ mit Zolllagern mag das alles auf den ersten Blick weniger hart treffen als den klassischen Offliner ums Eck. Aber am Ende werden alle massiv leiden.

Der Kunde kann sein Geld halt nur einmal ausgeben.

Das ist Punkt der leider viel zu oft vergessen wird!

Was aber auch jedem klar sein muss, ist, dass die Preise nicht nur um die Steuer steigen werden! Muss der Handel viel mehr Kapital aufwenden, dann steigen die Preise, um eine Marge zu halten, mit der man leben kann.

Vorab: Das folgende ist eine ganz grobe Überschlagsrechnung! Es wird der Einfachkeit mit runden Zahlen gearbeitet. Der „typische“ 60ml Longfill liegt für den Laden bei ca. 3€ im Einkauf was bedeutet das sich dessen Kosten bereits im ersten Schritt um 50% erhöhen. Beim Nikotinshot reden wir direkt über eine ca. Verfünffachung der Kosten im Einkauf von um die 40 Cent auf dann um die 2 €. Logischerweise muss also der Verkaufspreis um mehr als „nur“ die Steuer steigen 🙂 .

Ein grober Preisvergleich, bei dem ich die Base sogar unter den Tisch fallen lasse:

2021:

  • 1x 60ml Longfill mit 10ml Aroma (9€)
  • 1 Shot (1€)
  • 10€ gesamt

2022-2023:

  • 1x 60ml Longfill mit 10ml Aroma (11,5€)
  • 1 Shot (3,5€)
  • 15€ gesamt

ab 2026:

  • 1x 60ml Longfill mit 10ml Aroma (15€)
  • 1 Shot (5€)
  • 20€ gesamt

Also steigt der Preis für den „Normalkunden“, den die Shops gerne als Beispiel nehmen im ersten Schritt um ca. 50 % und bis 2026 dann um 100 % im Vergleich zu heute.

Base

Ich glaube nicht, das wirklich relevante Zahlen an Kunden in Zukunft „Dampferbase“ mit Steuer kaufen werden. Man besorgt sie sich anderswo.

Die Realität

Selbst wenn der „typische“ Shop seinen Umsatz halten kann, sind bis 2026 dann die Hälfte des Umsatzes Steuer und ihre Folgekosten!

Eine massive Steigerung des Umsatzes pro Kunde ist eher nicht zu erwarten!

Dazu müssten wir Kunden mehr Geld zum Ausgeben haben!

Um das Ganze aufzufangen, muss man also mehr Kunden gewinnen. Da Neukunden „nicht auf den Bäumen wachsen“, geht das eigentlich nur, wenn Mitbewerber verschwinden!

Da sich die Steuer bis aufs Nikotin easy umgehen lässt, kann man damit rechnen, das viele Kunden das auch tun werden. Diese Kunden und auch der Gewinn an Selbigen fällt dann für den Fachhandel weg. Von daher bezweifele ich, dass die meisten Shops ausreichend viele Kunden halten bzw. von schließenden Mitbewerbern übernehmen können.

Zu Beginn wird das eher klappen, aber je länger das geht, desto mehr wird das wie vor 2015: Irgendwer im Bekanntenkreis kümmert sich für viele um die Beschaffung und das mischen. Und das steuerfrei. Und die „Branche“ wird nach Regulierungen durch die Regierung rufen, um den Kunden das zu verbieten und sich selber weiter ins Abseits stellen. Hatten wir ja schon mal letztes Jahr und es war auch damals keine gute Idee. Das könnt ihr z.b. hier nachlesen.

Umsatz

Die vom BfTG prognostizierten Umsatzrückgänge von 450Mio € im Jahr 2020 auf 390 Mio€ in 2022 sehe ich als realistisch an. Und das obwohl ich den Branchenzahlen eher weniger vertraue.

Aber ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der Steuer und einem Umsatzrückgang für 2022. Mit der Übergangsfrist und dem Abverkauf wird 2022 eher noch das letzte Boomjahr der Branche in absehbarer Zeit. Ab 2023 ändert sich das dann aber! Dann kommen wirklich dunkle Jahre auf alle zu.

Es ist eher so, dass sich schon seit 2019 der Markt und die Kundeninteressen massiv verändern. Grade der M2L und Podboom kostet die Shops viel Geld. Das Geld wurde und wird mit Flüssigem verdient. Und davon wird bei niedrigen Leistungen einfach weniger verbraucht. Und dieser Trend wird mit einer kommenden Steuer noch stärker. Der Trend wird zu hohen Nikotindosierungen, geringem Verbrauch und damit geringen Kosten gehen. Das wird den Handel weiter unter Druck bringen.

Ich weiß, dass der Handel den Jahren 2015-2018 nachtrauert, als 100+ Watt und 50+ ml Verbrauch am Tag recht üblich war.

Diese Zeit kommt nicht wieder!

Überangebot

Wir haben viel zu viele Marken, die um einen schrumpfenden Markt konkurrieren. Die Chargengrößen sind bereits heute bei vielen zu klein, um effizient auf dem Markt bestehen zu können. Viele Dampfer sollten sich darauf einstellen, dass die einige ihrer „Lieblingsliquids“ mittelfristig verschwinden werden. Die Frage ist aber auch:

Braucht der Kunde wirklich 57 verschiedenen und sich nur in Details unterscheidende „Himbeere mit Cooling“ Longfills?

Ich sage Nein!

Für den Markt als ganzes ist es wichtiger, das ein paar qualitativ gute Vertreter mit ausreichenden Chargengrößen überleben, wie das sich 100 Anbieter gegenseitig im Todeskampf ruinieren. Nur über ausreichende Chargengrößen kann man wirtschaftlich arbeiten und realistische Preise anbieten.

Mir ist hier natürlich zu 100 % bewusst, wie die Branche „realistische Preise“ sieht und wie man auf dieses Thema reagiert 🙂 . Von daher will ich da hier und heute nicht weiter darauf eingehen 🙂 .

Es ist Aufgabe des (Groß)Handels, das zu managen!

Hört sich böse an und ist auch böse!

Was sich aber alle merken dürfen:

Kein Markt besteht nur aus „Premiumprodukten“.

Egal ob Lebensmittel oder Genussmittel (Ich will hier nur mit „Verbrauchswaren“ vergleichen!). Es gibt (fast) immer das Marken („Premium“) und das „No-Name“ Produkt für den „preisbewussten“ Kunden. Das „nicht Premium“ Segment wird im Dampferbereich leider schon zu lange vernachlässigt. Ich verstehe auch wieso! Die Shops brauchen den Umsatz! Man will gar nichts Preiswertes ins Regal stellen um die Kunden gar nicht in Versuchung zu führen es zu kaufen. Ich sagte schon oft was die Reaktion darauf ist: Man verliert diese Kunden an den Onlinemarkt.

Dauerhaft

Hier sollte man von anderen Branchen lernen und dieses Produktsortiment auch anbieten, aber quasi „im unteren Regal“ und ohne Bewerbung und Empfehlung. Wobei dieser Schritt für viele Shops jetzt schon zu spät wäre. Hat man diese Kunden erst mal verloren, ist es schwer, sie wieder zu bekommen.

Was man ganz sicher nicht tun darf, ist es, Kunden, die etwas mehr auf Geld achten müssen, von oben herab zu behandeln. Das erlebe ich leider oft. „Geiz ist geil“ und „Hartz 4 Dampfer“ sind oft noch nette Bezeichnungen. Und das oft nur weil jemand fragt ob man ein Produkt irgendwo preiswerter bekommt oder ob es eine preiswertere Alternative gibt.

Mal wieder Rezeptanpassungen

Um die Steuerkosten zu minimieren, muss die Aromenmenge in den Longfills reduziert werden. Das wird meist auch möglich sein und für viele Sorten sind Dosierungen von 5-7 % machbar. Teilweise sind sicher auch 2-3 % möglich.

Die Longfills, die 15-25 % „Aroma“ drin haben, werden wohl der Vergangenheit angehören. Und das, obwohl viele „Anbieter“ noch vor Kurzem behaupten, ohne 30 ml in der 120er-Flasche könne man ja gar kein gutes Longfill machen 🙂 . Und das man daher auch keine Aromen anbieten könne 🙂 . Ja, so mancher Kunde hat sich das gemerkt 🙂 .

Das bedeutet aber auch, dass man neue Laborwerte braucht und neu anmelden muss!

Und das gibt es nicht umsonst!

Und das nach dem großen Abverkauf Ende 2020 und den Neuanmeldungen, die man grade getätigt hat.

Und wieder sind wir an dem Punkt, dass es gerade kleinere Anbieter, die kleinere Stückzahlen verkaufen, härter trifft wie die großen, die eine Handvoll Sorten in großen Mengen verkaufen.

Und es trifft auch wieder genau die Offis hart, die mehr als die 0815-Ware im Regal haben!

Die haben dann jetzt wohl noch so 18 Monate für den nächsten kompletten Abverkauf! So mancher wird das bei eher exotischen Aromen/Liquids schon jetzt im Hinterkopf haben bei den Nachbestellungen.

Standortanalyse

Hätte ich heute einen Offi würde ich mich in meinem Umfeld genau umschauen.

  • Was gibts an Mitbewerbern im Umfeld.
  • Wie sieht deren Sortiment heute aus und wie hat es sich die letzten 2 Jahre verändert?
  • Sind die Mitbewerber, was Trends angeht, „am Ball“ sind oder von der Sorte, die eher träge reagiert?
  • Wie groß ist mein Einzugsgebiet? Ich würde heute da von ca. 150k Einwohnern pro Shop ausgehen, die man nach der Steuer braucht!

Und dann würde ich mir anschauen, wie lange mein Mietvertrag noch läuft. Und mir dann genau und ehrlich überlegen, ob es realistische Erfolgsaussichten gibt.

Wenn ja dann macht man natürlich weiter!

Wenn nein, muss man rechtzeitig raus und die eigenen Kosten minimieren. Und diese Frage sollte sich jeder Shop und Hersteller aktuell schon stellen. Oft muss ich klar sagen das der Shop, der jetzt beschliessen muss das es keine Zukunft gibt, selber keinen Fehler gemacht hat.

Es gibt einfach zu viele Mitbewerber um weiter rentabel zu arbeiten.

Man kann natürlich drauf setzen, dass die Mitbewerber vor einem selber das Handtuch werben müssen. Je nach eigener Lage und der der anderen kann das auch recht gut vorhersehbar sein. Aber will man sich mit seiner beruflichen Zukunft darauf verlassen? Und kann man wirklich sicher sein, dass der Mitbewerber vor einem selber „Pleite“ ist? Oder ist nicht eventuell das finale Ergebnis, das quasi allen recht zeitgleich die Puste ausgehen wird? Diese Gefahr besteht sehr wohl!

Es tut mir leid, das so sagen zu müssen.

Denkt also genau darüber nach was für euch der richtige Weg ist.

Ich würde gerne hier schreiben, dass alles gut wird. Nur das wäre gelogen!

Ich wünsche euch allen noch einen schönen Tag und freue mich über Feedback.