E-Zigaretten Branche: Umsatzeinbrüche allein durch die Presse?

Wir alle hören aktuell, wie schlecht es der E-Zigaretten Branche  geht – schuld daran ist angeblich die negative Presse seit August. Mehr als 50% der Shops haben laut eigener Aussage 30-40% Umsatzrückgang, fast 20% sogar >50%. Insgesamt leidet das Geschäft also bei ca. 88% der Händler. Die Zahlen stammen aus der BfTG-Umfrage (1), an der jeder teilnehmen konnte, ob Shopinhaber, Angestellter oder auch jemand, der gar nichts damit zu tun hat. Bei 12% trifft der Verkaufseinbruch also nicht zu – und wir kennen sowohl Shops und Anbieter, bei denen es bis auf die Umsteiger recht normal weiterläuft, als auch welche, die sich steigern!

Welche Negativberichte über die E-Zigarette gab es?

In den USA traten im August plötzlich Fälle einer mysteriösen Lungenerkrankung auf, von der etliche Menschen befallen wurden. Auf der Suche nach dem Grund wurde zunächst die E-Zigarette als gemeinsamer Faktor angenommen, und als der erste Patient verstarb, schlugen die Wellen nicht nur in den USA hoch, sondern auch in der EU nutzten die Gegner der E-Zigarette die Gelegenheit, Spekulationen und Gerüchte als Tatsachen darzustellen. Als die Aufklärung erfolgte, dass der Grund für die Erkrankungen in illegalen THC-Liquids lag, die von Straßendealern mit Vitamin E Öl versetzt worden waren, wurde diese „unwichtige Kleinigkeit“ leider nicht ebenso breitgetreten wie vorher die Krankheitsfälle. Alle anderen uralten, längst überholten und in etlichen Studien widerlegten Gerüchte und Befürchtungen – von der Gatewaytheorie bis zur Popcornlunge – wurden von einigen besonders sensationsgierigen Medien wieder ausgegraben und in die „besorgten“ Berichte eingearbeitet.

Umsteiger bekamen Angst und kehrten zur Tabakzigarette zurück, Neueinsteiger entschieden sich, lieber weiter zu rauchen. Wir werden in einem gesonderten Beitrag genauer darüber berichten! Obwohl das Thema erst seit acht Wochen so brisant ist, kommt es einem innerhalb der „Dampfer-Blase“ die in den sozialen Medien aktiv ist, wie eine Ewigkeit vor.

Die Reaktionen der E-Zigarettenhändler

Schon wenige Tage (ja wirklich Tage!) nach den ersten Presseberichten hörten wir, dass E-Zigaretten Shops Personal kündigen und teils Filialen schließen müssten. Nun kann es natürlich sein, dass diverse Inhaber echte Hellseher sind und schon in der ersten Woche wussten, dass uns die Horrormeldungen über Monate begleiten würden. Oder – und das ist unserer Meinung nach wesentlich wahrscheinlicher – es ging vielen schon vorher nicht gut. Ein ehemaliger Filialleiter eines Shops verbreitet die Geschichte, dass die Presse seinen Arbeitsplatz vernichtet hat, obwohl diese Filiale bereits 3 Wochen vor Beginn der News geschlossen war und wir davon ausgehen können, dass die Kündigung des Mietvertrags und der Abverkauf sicher Monate Vorlauf hatten.

Unserer Meinung nach ist das Hauptproblem auf dem Markt die mangelnde Kritikfähigkeit der Branche. Jede Kritik an beliebigen Dingen (wirklich egal an was – und egal wie belegbar sie ist) wird von vielen als persönliche Beleidigung oder persönlicher Angriff aufgefasst. Dabei ist der E-Zigaretten Markt ein knallhartes Business und folgt den üblichen Regeln. Und nein, es sind nicht immer externe Faktoren außerhalb des eigenen Einflusses schuld. Das Klagen diverser E-Zigaretten-Anbieter verwundert und überrascht uns zwar nicht, bringt uns jedoch etwas zum Schmunzeln. Komplett ohne jede Schadenfreude. Das „Gejammer“ in der Branche ist wohl so alt wie selbige und die „Hinweise“ – die wir fast täglich hören und lesen – darauf, dass man mit dem Online Einkauf all die Offliner ruinieren würde,  während zeitgleich ein Shop und eine Filiale nach der anderen aufgemacht wird, begleitet uns Käufer schon geraume Zeit.

Wir wünschen niemandem, dass er seinen Job verliert, aber wir wollen erklären, was zur Zeit auf dem Markt passiert, denn das scheinen viele nicht zu bemerken. Wir verstehen absolut, dass jemand der arbeitet, Geld verdienen will und muss. Und wir neiden ihm das nicht.  Auch wir arbeiten und verdienen unser Geld, wenn auch nicht mit diesem Blog. Dass es aktuell vermutlich nur sehr wenige Umsteiger gibt, glauben wir sofort. Da krankt der Markt sicher aufgrund der Presse, und das möchten wir absolut nicht kleinreden. Nur ist es uns ein Anliegen aufzuzeigen, dass eben nicht die wochenlange (und ja, wir sind in Woche 9) Pressekampagne allein die Schuld daran trägt, dass viele Shops im Moment eher nicht so toll da stehen.

Ein Blick von außen auf das Business

Während in anderen Branchen oft sehr offen über die schwierige Marktlage und die harte Konkurrenz Online und im Direktvertrieb geredet wird, war bisher im expandierenden Markt der E-Zigarette immer alles wunderbar, und kritische Stimmen waren kaum zu hören. Auf den Messen waren riesige Stände selbst kleiner Firmen vertreten (die wirklich Großen haben und hatten eher dezente Stände…).

Plötzlich haben angeblich 7 von 10 Shops mindestens 30% und bis über 50% Umsatzeinbußen –  wie setzt sich dieser Umsatzverlust zusammen? Selbst wenn Einsteiger-Kits wegen der schlechten Presse wie Blei im Regal liegen, wäre selbst ein 25% starker Rückgang immer noch das, was man vor einem Jahr auch hatte und kein Verlust.

Shops haben bisher circa 75% Ihres Umsatzes mit Verbrauchsartikeln wie Liquids/Aromen, Coils und Co gemacht. Das ist der „Brot und Butter“-Bereich, mit dem der Erfolg steht und fällt. Solange Leute dampfen, wird es an diesen Artikeln Bedarf geben.

Wäre der Hardware-Verkauf komplett zum Erliegen gekommen, würde das auch nicht reichen, um den Umsatzverlust zu erklären. Selbst unter dieser extrem unglaubwürdigen Hypothese müssten mindestens 10-15% der  Dampfer – also 200.000 – 500.000 Konsumenten – wieder zu Rauchern geworden sein, um die angegebenen Umsatzeinbussen zu erreichen. Gehen wir von einer realistischeren Version aus, in der ein Umsatzverlust eher gleichmäßig verteilt sein wird. Dann müssten in Deutschland zwischen 750.000 und 1.500.000 Konsumenten (30-40% von 2.000.000 (8) bis 3.700.000 (5) Dampfern) neuerdings wieder unter die Raucher fallen.

Jetzt fragen wir uns, wie viele der Dampfer im Bekanntenkreis in den letzten 8 Wochen wieder angefangen haben, zu rauchen? Wirklich so viele? Es gibt natürlich einige Dampfer, die zum Tabak zurückgekehrt sind. Die Anzahl der versteuerten „Sargnägel“ ist im 3. Quartal um 2,2% gestiegen(9). Nur sind auf dem Markt Schwankungen absolut normal, auch wenn der Trend schon lange nach unten zeigt. Auch 2014 auf 2015 ist die Anzahl der versteuerten Zigaretten gestiegen um 2016 zu fallen und 2017 wieder zu steigen. (10)(11)

Das allein kann es also nicht sein, oder? – Der Liquid Markt

Schauen wir uns den Markt ein bisschen genauer an. Der Liquid/Aromen-Verkauf ist das Hauptstandbein der Branche. Wie verteilen sich die verschiedenen Formate auf dem  E-Zigaretten- Markt?

Im Jahr 2017-2018 war er stark von Shortfills geprägt. Nein, das war nicht das, was die breite Masse der Dampfer primär konsumiert hat, aber das, was gerade im Offlinermarkt viel ausgemacht hat, aufgrund des relativ hohen Preises und der sehr guten Marge. Dazu greifen wir auf Umfragen in FB Dampfergruppen zurück, auch wenn wir wissen, dass dies nur einen Teilbereich des Marktes abdeckt .

Eine Umfrage unter fast 400 Dampfern zum primär genutzten Format in der Blase vor fast genau einem Jahr hatte folgendes Ergebnis (2):

  • 70.5% Aroma
  • 12% Shortfill
  • 9.5% Longfill
  • 7% Rezepte
  • 1% Bottleshots

Die gleiche Umfrage jetzt hat als Ergebnis (Aufgrund der kürzeren Laufzeit der Umfrage waren es bis jetzt nur knapp 310 Teilnehmer) (3):

  • 67% Aroma
  • 2.5% Shortfills
  • 19.5% Longfills
  • 9.5% Rezepte
  • 1.5% Bottleshots

Allein diese Verschiebung des Marktes von Short- auf Longfills zieht ca. 20% Umsatzeinbuße im Liquid Bereich bei gleichbleibender Verbrauchsmenge nach sich, wenn wir die üblichen Marktpreise ansetzen. Den Fakt, dass schon seit Frühjahr 2019 viele Shops ihre Shortfills, die teils schon lange rumstehen, im Sale verkaufen und oft wenig bis nichts dran verdient haben, lassen wir sogar aussen vor.

Zudem sind diverse Premiumanbieter (Nasty Juice, Beard, Dinnerlady, Riot, Empire Brew, Humble – um einige wenige als Beispiel zu nennen) inzwischen auf Aromen gewechselt oder bieten diese zusätzlich an. Die Kunden haben also gleichbleibende Qualität, aber zahlen nur noch weniger als ⅓ und müssen keine Kompromisse beim Geschmack eingehen.

Das Dampfverhalten der E-Zigaretten Nutzer

Dazu kommt der aktuelle Pod und M2L Boom. Wir betrachten rein vom Liquidverbrauch die Pods mit M2L zusammen. Eine schnelle Umfrage unter rund 225 Dampfern dazu ergab (4):

  • 53,5%  haben schon immer mehr DL gedampft
  • 20,5% waren schon immer mehr M2L unterwegs
  • 23% dampfen neuerdings mehr M2L als DL
  • 3% sind neuerdings eher dem DL Lager zuzuordnen.

Das ist auch relativ nah an dem, was eine Umfrage des BftG im Juni ergeben hat, wenn wir berücksichtigen, dass die FB Umfrage Pods zu M2L gezählt hat. In dieser Umfrage wurde eine Aufteilung von 61% DL vs 39% M2L ermittelt. (7)

Selbst die DL Tanks laufen heute mit merklich geringerer Leistung und geringerem Liquidverbrauch als früher. Die typischen DL Verdampfer, die 2016 – 2018 mit mehr als 75-150 Watt und Spitzen von an die 300 Watt durchaus üblich waren,  sind aktuell bei den marktstarken Modellen eher im Bereich 40-75 Watt angesiedelt, was den Verbrauch merklich senkt. Im Markt >90 Watt kann man die Tanks, die 2019 erschienen sind, an einer Hand abzählen. Einen Minderverbrauch von bis zu 25% bei der Menge sehen wir daher durchaus als realistisch an, was weitere bis zu 25% an Umsatzeinbuße im Liquidbereich nach sich zieht.

Der Hardware-Markt

Hier ist ein genereller Preisverfall, gerade was Kits angeht, zu beobachten. Wir bekommen heute ordentliche DL Kits im Offliner für 55-70 €. Das sind 20-40 € weniger als vor 18 Monaten. Gerade die immer verbreiteteren Pods und M2L Tanks kommen mit kleineren Leistungen und somit generell eher preiswerten Setups. Wenn der typische Umsteiger früher 80 € für ein Pico/Melo Kit mit einem Akku bezahlt hat, sind es heute oft nur 30 € für ein Podsystem.

Außerdem  gab es 2019 bisher nur einen echten „Hype“-Artikel. Die Hersteller konzentrieren sich auf immer ausgefeiltere Podsysteme, aber ein wirklich innovatives „Must Buy“-Produkt war bisher nicht darunter.

Das Sortiment in den E-Zigaretten Shops

Sehr viele Offline-Shops haben in den letzten 2 Jahren ihr Sortiment von Aromen quasi auf null zurückgefahren. Bis auf 1-2 Handvoll “muss man einfach haben”-Sorten ist sehr oft nichts mehr im Sortiment, und selbst das steht ganz hinten in einer Ecke im Shop. Als Folge verliert der Shop den großen Anteil an Mischern als Kunden, denn wieso sollten wir als Selbstmischer regelmäßig beim Offi vorbeigehen, wenn der eh das, was wir suchen, nicht da hat.

Auch wenn es gerade in der Blase oft so scheint, als ob alle nur noch sehr süße Short- und Longfills dampfen, zeigt zumindest unsere Erfahrung, dass der „Ottonormaldampfer“sowas eher nicht mag und daher lieber zu Aromen greift. Bei 8 von 10 Short/Longfills, die wir Bekannten zum Probieren mitgeben, hören wir als Antwort: Schon ok, aber zu süß.

Sehr viele Shops haben sich ihre M2L Kunden gleich mehrfach verprellt.  In kaum einer anderen Branche würden Anbieter um die 20% des Marktes einfach ignorieren. Und die 20% sind der Wert in der Blase vor dem aktuellen Boom. Dazu kommen die „Normalumsteiger“, die heute noch ihre Ego dampfen, weil sie ihnen reicht. Außerhalb der Blase war das sehr lange die Mehrheit, wenn es nicht immer noch bzw. wieder so ist. Da niemand ganz genaue Zahlen vom gesamten Markt hat, ist das schwer zu sagen. Zusätzlich haben viele Shops den M2L-Hardware Bereich sehr vernachlässigt und hatten kaum Interesse an diesem Marktsegment. Man hat lieber noch ein “Alien Kit” verkauft. Wir können uns gut an den Shop erinnern, der uns auf die Frage nach dem M2L Sortiment ins Gesicht sagte „Komm wieder, wenn du richtig dampfst“. Der ist seit Mitte des Jahres 2019 geschlossen.

Ab Ende 2017 war mit dem Release von Berserker und Siren2 erkennbar, dass der M2L Markt auch im nicht-Einsteigerbereich wieder stärker wird. Der Nautilus 2 und ijoy Elf als Fertigcoiler Anfang 2018 zeigten, dass auch dort bemerkt wurde, dass sich der Markt noch lohnt. Mittlerweile hat fast jeder namenhafte Anbieter seinen Augenmerk wieder auf diesem Markt, sowohl mit Pods als auch mit AIO, Fertigcoilern und Selbstwicklern. Wir können uns sehr gut an das große M2L-Vergleichsreview des Youtubers DJLSB Ende 2017 erinnern. Innerhalb weniger Tage konnte man bemerken, dass es viele Zuschauer interessierte, und nach 4 Wochen war es eins seiner 5 meistgeschauten Reviews insgesamt und ist bis heute eins seiner 3 meistgeschauten Videos. Andere Reviewer haben noch Monate später geglaubt, dass so etwas keiner sehen will und lieber den 50. “Subohm” Fertigcoiler in die Kamera gehalten; auch Shops sind dadurch nicht auf die veränderten Kundenwünsche aufmerksam geworden.

Natürlich kann man als Shop argumentieren, dass niemand (mehr) M2L Tanks oder Aromen will und das mit den Verkaufszahlen belegen, aber Sinn macht diese Argumentation natürlich nur, wenn diese Produkte überhaupt im Sortiment sind und der Kunde real die Option hat, sie zu kaufen. Es gibt etliche Shops, die gar nichts in der Richtung angeboten haben. Nicht einmal einen Nautilus und außer den 3-4 „üblichen Verdächtigen“ (Heisenberg, Pinkman und Red Astaire) nichts an Aromen. Und trotzdem argumentieren sie so. Wie oft wir da noch hingehen, muss wohl nicht ausgesprochen werden, oder? Heute hat der Kunde die Wahl! Es gibt bis auf wenige Ecken in D einfach genug Shops, Offline wie Online.

Wir können nachvollziehen, wieso die Anbieter auf Shortfills und DL Hardware setzen. Man hat  lange versucht, Shortfills auf dem Markt durchzudrücken. Leider paßt dort auf 60ml nur ein Nikotin-Shot hinein, und wer mehr als 3mg/ml dampft, bestellt Aroma Online, weil er im Shop nicht das bekommt, was er will und braucht. Natürlich bestellt er seine Shots, Coils, Hardware und was sonst gebraucht wird,auch direkt mit. Am Ende entscheidet der Kunde. Und nur wenn man denen, die andere Wünsche haben, eine Alternative bietet, kommen sie wieder und kaufen neben ihren Verbrauchsartikeln auch das, was ihnen ins Auge sticht. Als Shop hat man keinen Anspruch darauf, dass der Kunde bei einem einkauft! Ist der Kunde erst einmal an den Online Handel verloren, ist es schwer ihn wieder zubekommen.

Die Marktsättigung an E-Zigaretten Hardware & Liquids

In den letzten 2-3 Jahren sind alleine in Deutschland sicher dutzende Millionen Aromen, Long- und Shortfills verkauft worden, die beim Kunden noch daheim herumstehen. Einfach im Hype und/oder spontan gekauft und nie fertig gedampft. Es wurde auf YouTube, im Shop oder in FB Gruppen etwas gesehen, das sich interessant anhörte, gekauft und nur mal probiert. Wir kennen einige Dampfer, die schon im Sommer sagten, dass sie ihre “Altbestände” aufbrauchen möchten, bevor sie neu kaufen, oder sie zumindest verkleinern wollen. Vermutlich hat jeder unserer Leser genug daheim, um Jahre damit hinzukommen. Selbst wenn nur wenige Kunden beschliessen, dass der Schrank voll genug ist und man erstmal etwas wegdampfen will, merkt der Handel das sofort.

Bei vielen Shops sind die Regale voll. Es stehen zu viele Ladenhüter herum, also wird weniger nachbestellt. Der Markt ist einfach gesättigt, und wirklich viel, was man probiert haben „muss“ ist uns in diesem Sommer nicht aufgefallen. Gerade für die „alten Hasen“ beim Dampfen kommen kaum noch wirklich innovative Geräte oder merkliche Steigerungen in der Performance auf den Markt. Wir haben schon „alles“. Um den Kuchen streiten heute immer mehr austauschbare Anbieter, die oft genug nur eine oder 2 Chargen auf den Markt werfen und dann wieder verschwinden.

E-Zigaretten Branche – die Preise

Die Preise im Bereich Liquids- und Verbrauchsmaterial waren in Deutschland sehr lange recht stabil und innerhalb der Warengruppen recht fest.  Aber sie kommen aktuell ins Rutschen. Aufgrund der hohen Konkurrenz und der straffen Werberegeln versuchen seit geraumer Zeit einige Anbieter, mit niedrigeren Preisen gerade im Onlinebereich ihre Reichweite zu verbessern. Manche geben bis zu 30-50% Rabatte auf die UVP, um zu wachsen.  Das nutzen dann Kunden, die Großbestellungen machen und weiterverkaufen. Auch das führt zu Umsatzrückgängen im Offlinemarkt. Genau diese Anbieter sind nicht in den Umfragen der Verbände erfasst.

Traditionell war der Onlinepreis zumindest bei Liquids/Aromen der gleiche wie Offline. Das hat sich gewandelt,  fast alle Sorten sind Online mind. 20% preiswerter erhältlich. Die Anbieter selbst haben teils ihre UVP merklich gesenkt, um bessere Verkaufszahlen zu erreichen. Shortfills, die wir im Frühjahr Jahr zu 20 € gesehen haben, gibt es jetzt oft für 10.- € mit passend gesunkenem EK für den Händler. Andere Anbieter setzen auf den Direktvertrieb mit attraktiven Rabatten an die Endkunden und umgehen den Handel so teilweise. Auch die gut verteilt angebotenen Dampfermessen mit bis zu 50% Messerabatt gerade bei Liquids und Aromen merkt der Offliner vor Ort massiv!

Das Marketing im Bereich E-Zigaretten

Die meisten Anbieter werben nur noch in die Blase hinein – teils sehr aggressiv und oft nicht ganz legal. Die Reichweite der Influencer ist massiv geschrumpft. Gab es 2017 nach einem Review eines „großen“ Influencers am Tag darauf schon mehr Nachfrage in den Shops nach dem Produkt,  ist das heute kaum noch merklich. Es gibt Produkte, die sich sicher auch ohne jedes Review wunderbar verkaufen würden (Whirl oder Crown4 zB laufen einfach), viele andere werden auch nach 20 positiven Reviews keine Verkaufserfolge wie vor 2 Jahren. Auf Grund der Werbe-Regeln sind Reviews (egal ob YouTube, Facebook, Foren, Blogs…) außerhalb von Shops und den Empfehlungen der Verkäufer das Hauptwerbemittel der Branche. Die breite Masse glaubt den meisten Reviews jedoch nicht mehr so sehr.

Die aktiven FB Gruppen sind mit Sicherheit relevanter als YT, Instagram oder Twitch in der Reichweite, werden aber von einigen Händlern  (nicht von allen!) sehr offen bekämpft. Wenn dort User eine fundierte Meinung äußern und nicht nur alles #beschde finden, ist diese „Kritik“ für manche ein Problem. Das merken auch die Kunden. Ein Anbieter, für den FB ein „Ort des Hasses“ ist,  an dem „alles schlecht geredet wird“, darf sich nicht wundern, wenn seine Produkte dort kaum zu sehen sind. Es gibt genug andere Anbieter die genauso gut sind. Wir haben nicht mehr 2010-2013, als die Anwahl an guter Hardware und Liquids sehr überschaubar war. Es ist dem Marketing 2019 noch nicht gelungen, „Hypes“ wie noch vor 1 oder 2 Jahren zu generieren und die Kunden zum Kaufen zu animieren.

Überangebot von E-Zigaretten-Shops und Auftreten des Personals

In der gesamten E-Zigaretten Branche haben wir eindeutig zu viele Partizipienten. Die letzte uns bekannte Analyse spricht von 2500 Offlinern und um die  2,5 Millionen Dampfern – das wäre pro 1000 Dampfer ein Shop. Dazu kommen die ganzen Onlineshops, Amazon und EBay. Teils haben wir die Situation das es aktuell auf 10000 Einwohner (nicht Dampfer sondern wirklich Einwohner!) einen Offliner gibt. Große Ketten mit immer mehr Filialen, breitem Sortiment und viel Personal verdrängen viele kleine Shops.

Oft zeigt sich auch, dass Shopbetreiber sich keine brauchbaren Gedanken zum Standort machen. Wenn man einen Shop an einer viel befahrenen Ausfallstraße ohne Parkmöglichkeiten eröffnet, sehen ihn die Kunden zwar, aber es hält halt keiner an.  Und wenn man ins Stadtzentrum geht und da Wert auf eigene Parktplätze legt, aber dabei vergisst, dass kaum ein Kunde freiwillig mit dem Auto in den Stadtkern will und der ÖPNV diesen Teil auch nicht anfährt, so dass die Kunden >500m laufen müssen, ist das nicht optimal. Damit fällt fast jede Laufkundschaft weg.

Das bringt uns zum nächsten Kritikpunkt: Die E-Zigarette hat sich zum Lifestyle-Produkt entwickelt, die Kundschaft besteht nicht mehr aus dem sehr begrenzten Klientel der Anfangsjahre. Zu diesem Lifestyle-Image scheint ein gewisses Auftreten und Aussehen der Verkäufer zu gehören. Wir stellen uns aber nach einigem Feedback die Frage, ob das auch bei den Kunden außerhalb dieser „Szene“ so toll ankommt. Gerade Frauen und ältere Dampfer fühlen sich oft nicht ernst genommen und auf Augenhöhe behandelt. Das sind aber mind. 50% der potentiellen Kunden (lt. der aktuellen Umfrage einer E-Zigaretten Firma sind inzwischen 25% der Kunden weiblich, das Durchschnittsalter beträgt 43 Jahre (6)).

Auch viele „Neudampfer“ fühlen sich oft mit ihren Fragen alleine gelassen.  Und das ist ein Publikum, das eher weniger sensibel in Bezug auf den Preis ist und den Service offline auch dankbar bezahlt.  Natürlich habe solche „Lifestyle“ Shops auch ihren Markt. Aber sie sprechen halt auf´s Ganze gesehen nur ein relativ kleines aber (nicht immer positiv) sichtbares Publikum an.

Fazit

  • Durch den Trend von Shortfills zu Longfills muss sich die Menge, die verkauft wird, merklich steigern, um den Liquidumsatz zu halten.
  • Gleichzeitig haben wir den Trend zu eher leistungsarmen Verdampfern, die entsprechend weniger Liquid verbrauchen.
  • Hinzu kommt ein Trend zu Pods, die auch im Hardware Bereich keine hohen Umsätze versprechen.
  • Die Vielfalt an Liquids kann niemand mehr offline abdecken! Sowas treibt die Kunden zu Online-Shops, die alles anbieten können.
  • Wir Kunden haben sehr viele noch nie gebrauchte Liquids  bereits daheim. Unsere Schränke sind voll!
  • Der klassiche Hardware-Markt ist ebenfalls gesättigt. Es kommt zu wenig Neues (sind wirkliche Innovationen überhaupt noch möglich?), da die meisten Anbieter aktuell auf der Pod Schiene fahren.
  • Die Marketing Strategien der Vergangenheit laufen aktuell zu oft ins Leere.
  • Das betrifft den Markt schon seit Monaten und wurde privat oder unter vier Augen schon länger kommuniziert. Durch das generelle Wachstum der Branche wurde es nicht so deutlich wahrgenommen. Aber jetzt ist für viele der Endpunkt erreicht.
  • Die schlechte Presse ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Denkanstösse für die E-Zigaretten-Branche

Der E-Zigaretten Markt ist in einer Phase, in der eine gewisse Bereinigung nicht vermeidbar ist! Das fing schon vor der Negativpresse an. Wir kennen bei uns im Umkreis 3 Filialen/Shops, die im 1. Halbjahr 2019 geschlossen haben, bei 2 weiteren ist die Schließung zum Ende des laufenden Mietvertrages bekannt. Alle beten wie ein Mantra vor sich hin, dass die böse Presse das alleinige Übel ist und man nur ohne jede kritische Äußerung zusammenhalten muss, und alles wird wieder gut. Das wird es nicht!

Wir haben hier aufgezeigt, dass viele der aktuellen Probleme gar nicht so aktuell sind und man sie hätte kommen sehen können. Das soll nicht bedeuten, dass die Presse keine massive Mitschuld trägt!  Es sind am Ende ganz viele kleine Faktoren, die zusammen mit der Pressekampagne das Fass zum Überlaufen bringen. Wir gestehen zu, dass es sich bei den Negativschlagzeilen um einen sehr grossen Tropfen handelt, der einen wichtigen Einfluß hatte. Aber das Fass war bei vielen vorher schon randvoll!

Eine Patent-Lösung dazu können wir nicht anbieten. Das kann vermutlich keiner. Wenn wir uns die Argumentation mancher Anbieter und Vertriebsmitarbeiter anschauen, fühlen wir uns in der Meinung bestätigt, dass ein Einwurf von außen manchmal hilfreich sein kann. Schließlich bringen einige Hersteller jetzt wieder mit gutem Erfolg Aromen auf den Markt. Vielleicht denken diese auch über unsere Ausführungen nach.

Schaut als Anbieter ein bisschen aus der Blase heraus auf die Wünsche des Kunden.  Denn der ist König! Natürlich sollte der Verkäufer im Shop Produkte empfehlen und Alternativen aufzeigen, die zu dem passen, was gesucht wird. Aber wenn der Kunde dann doch das will, weswegen er usprünglich kam, ist das sein gutes Recht. Kauft der Kunde wirklich das 50. Fruchtliquid mit Koolada oder den 20. Zitronenkuchen? Muss ein erfolgreiches Liquid sofort kopiert werden? Der Markt kann so viele Sorten nicht aufnehmen, und die Shops können sie nicht in die Regale stellen. Sich als 2. oder 3. auf dem Markt doch noch erfolgreich zu etablieren, geht nur über den Preis oder die Marge. Will man das, und rechnet sich das für alle in der Kette?

Versucht nicht, jeder Bewegung auf dem Markt blind zu folgen, sondern denkt nach, ob das für euch überhaupt Sinn macht. Geht euren eigenen Weg, solange der Kunde ihn mitgehen mag. Nichts ist austauschbarer als Shops, die alle gleich sind und das gleiche verkaufen. Dann zählt wirklich nur noch der Preis! Steht dazu, dass ihr Firmen seid, die Geld verdienen wollen und müssen. Das ist total in Ordnung. Auch als Mitglieder der Dampfer-Community müßt ihr nicht verhungern.

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QUELLEN:
(1) HTTPS://WWW.WELT.DE/PRINT/DIE_WELT/VERMISCHTES/ARTICLE201675116/UMSATZEINBRUCH-BEI-DEN-E-ZIGARETTEN.HTML
(2) HTTPS://IMGUR.COM/ZLWZN2G
(3) HTTPS://IMGUR.COM/VWSAUEZ
(4) HTTPS://IMGUR.COM/H26GLZ5
(5) HTTPS://DE.STATISTA.COM/STATISTIK/DATEN/STUDIE/423061/UMFRAGE/MENGE-DER-E-ZIGARETTEN-KONSUMENTEN-IN-DEUTSCHLAND/     (KOSTENPFLICHTIGER ZUGANG ERFORDERLICH)
(6) HTTPS://WWW.INNOCIGS.COM/BLOG/E-ZIGARETTEN-UMFRAGE-2019-WER-SIND-DIE-DAMPFER/
(7) HTTPS://WWW.PRESSEPORTAL.DE/DOWNLOAD/DOCUMENT/599383-GRAFIK-BRANCHENZAHLEN-2019.PDF
(8) HTTPS://WWW.PRESSEPORTAL.DE/PM/118679/4049256
(9)HTTPS://WWW.DESTATIS.DE/DE/PRESSE/PRESSEMITTEILUNGEN/2019/10/PD19_404_799.HTML
(10) HTTPS://WWW-GENESIS.DESTATIS.DE/GENESIS/ONLINE/LINK/TABELLEERGEBNIS/73411-0001
(11)HTTPS://IMGUR.COM/YSF9XQ6