Das Ende eines Offliners

Normal schreiben wir relativ neutral und allgemein zur Lage

Heute werden ich davon etwas abweichen und am spezifischen Beispiel aufzeigen, was da meiner Meinung nach falsch gelaufen ist. Und das primär (aber nicht exklusiv) auf den einen Laden bezogen. Viele dieser Kritikpunkte können aber auch auf so manchen anderen angewendet werden. Daher gibt es heute auch das meiste aus der „Ich“ Perspektive.

Vorab: Jeder Offi und Ort ist anders. Das wissen wir auch alle und das sagten wir hier schon oft. Man sieht das alleine daran, das Produkt 1 im Offliner A ein Renner ist und in Offliner B, der nur eine Handvoll KM weit weg ist, einfach im Regal verstaubt. Der Verkäufer hinter dem Tresen ist da ein massiver Faktor, der seine Kunden prägt! Und dieser wird vor allem für die Kunden, die nicht in der „Blase“ stecken, immer wichtiger!

Bei mir vor Ort hat „mal wieder“ ein Offliner zugemacht.

Soweit so schlecht …. Es ist der (afaik) 6. Offliner seit Ende 2018 und der 3. seid die Evali-Krise im September 2019 anfing, der in meinem direkten Einzugsgebiet (damit sind so ca. 10 km Umkreis gemeint) seine Türen geschlossen hat. Ergo kann ich ganz sicher sagen, dass das Sterben zumindest hier schon merklich vor Evali anfing.

Wobei ich leider auch sagen muss, dass es bei allen vorher absehbar war. Zwei der Shops hatte ich beim Opening 2017 schon vorhergesagt, das ich davon ausgehe, dass der Laden zum Ende des Mietvertrages entweder umziehen oder zumachen wird. Und 2017 sahen die meisten die Zukunft im Dampferbusiness noch rein durch die rosarote Brille. Das wollte damals keiner hören und man war sich sicher, dass alles gut wird. Nein, wurde es nicht.

Und es wird meiner Meinung nach nicht der Letzte sein, der hier schließen wird.

So böse sich das anhört, aber mein Eindruck hier vor Ort ist ganz klar. Diese Shops haben ihre Kunden nicht an die lokalen Mitbewerber verloren, sondern an den Onlinehandel.

Das Schließen der bisherigen Shops hier hat laut Aussage der verbliebenen auch nicht zu einem merklichen Plus bei ihnen geführt! Und das bei keiner Produktklasse. Selbst bei den Shots und Longfills tat sich da nichts Merkliches. Man sollte meinen, dass man es schon in den Zahlen sieht, wenn ein Shop, der grade mal ein paar Hundert Meter vom eigenen Laden entfernt ist, wegfällt.

Es zeichnet sich aber schon ein klares Bild ab, welche Shops es am schlimmsten trifft. Und wie diese damit umgegangen sind, dass ihr Business nicht „läuft“. Und das über eine echt lange Zeit. Aber diese „alle anderen sind schuld“ Thematik hatte ich schon im September 2019 kritisiert, denn 2 der Shops, die im Sommer 19 hier geschlossen haben, hatten das danach der Evali-Krise in die Schuhe geschoben. Nein, die war nicht daran schuld, dass ihr im Juni bzw. Juli 2019 geschlossen habt. Eventuell lag es eher daran, dass ihr zur M2L Fraktion sagtet „Kommt wieder wenn ihr richtig dampft“. Und das genau so und wörtlich.

Über unsere Meinung zur Ausrichtung vieler Shops haben wir hier schon viel geschrieben. Nachdem wir lange für unsere Ansichten dazu laut kritisiert wurden, scheint sich mittlerweile schon bei so manchen die Erkenntnis durchzusetzen, dass da doch was dran ist.

Die Lage des Shops

Eine auf dem Papier gradezu perfekte Lage in Mannheim.

Aber nur auf dem Papier. Gelegen an einem großen Platz knapp außerhalb des Zentrums und gut mit der Straßenbahn zu erreichen. Der Besuch mit dem Auto verbietet sich aber eher aufgrund der Verkehrslage und der Parkplatzsituation eher. Und auch zu Fuß von der Innenstadt ist es dem „Normalbürger“ das kleine Stück zu weit. Nicht wirklich viel zu weit, aber doch das Kleine etwas zu viel, das der normale Kunde heute nicht mehr läuft.

Eine Lage, die ein Ortsfremder geil findet, aber bei der der Ortskundige nachdenkt. Das kann klappen, aber es hatte wohl einen Grund, wieso die x Läden, die davor drin waren, nicht mehr dort sind.

Ergo, man ist fast ausschließlich auf Stammkunden und Anwohner angewiesen und nicht auf Laufkundschaft aus dem Zentrum.

Das wäre alleine nicht schlimm! Es bleibt eine tolle Lage an einem schönen Platz mit einem ansprechenden Laden. Und das in einem Bereich der Stadt, der eher preiswerte Mieten hat. Aber halt auch passende Anwohner zum Mietpreisniveau dort.

Da viele vom Rauchen zum Dampfen wechseln, eben wegen der Kosten, ist das aber nicht unbedingt ein Nachteil!

Man muss sich nur drauf einstellen. Und ich behaupte, dass so mancher Shop genau in dem Bereich bis heute sehr gutes Geld mit eben diesem Publikum verdient. Darüber redet aber kaum einer. Man hört leider immer noch sehr oft „aus der Branche“, dass man ja wegen der Gesundheit umsteigt und es ruhig weiter so teuer wie Kippen sein kann. Das mag der Traum mancher sein, aber die Realität sieht anders aus.

Sortiment

Das Sortiment hat einen Dampfer tief in der Blase perfekt angesprochen. Zur Öffnung vor knapp 3 Jahren fand man viele hochwertige Produkt vor. Ob Lost Vape, SX Mini, Asmodus, VG oder Stattqualm …. es war im Sortiment. Dann noch etwas Purge dazu und man sah, welches Publikum man suchte.

Dazu gab es viele Shortfills sowie eine große Testbar und eine Handvoll 10 ml Liquids rundeten das Bild ab. Im „preisbewussten“ Sortiment war man aber nicht so toll aufgestellt, sowohl was Hardware als auch Flüssiges angeht. Man hatte schon ein paar Kits da, die preiswerter war, nur nicht genug und oft nicht das, was grade angesagt war.

Zur Öffnung merkte ich schon an, dass Lage und Sortiment meiner Meinung nach nicht harmonieren. Wenn man seinen Laden in einer eher einkommenschwachen Lage aufmacht, sollte man sein Sortiment auch darauf ausrichten. Vor allem wenn man zwei Mitbewerber vor Ort hatte, die ebenfalls im Markt für „hochwertige Produkte“ aktiv sind und eindeutig zentraler liegen und bereits ihr Stammpublikum haben.

Das man den Markt an sich nicht wirklich im Auge hatte, sahen alle Beobachter Ende 2018, als man eine eigene Shortfillreihe gebracht hat. Zu dem Zeitpunkt war der Longfill-Hype schon voll am Laufen. Zumindest beim Kunden. Aber so mancher Anbieter hat ja bis heute nicht gemerkt das in Deutschland Shortfills einfach nicht laufen.

Und natürlich wurden viele andere Produkte dafür aus dem Sortiment genommen.

Longfills hat man erst sehr spät ins Sortiment aufgenommen und auch eine viel zu kleine Auswahl. Generell hat man dort zu lange auf Shortfills gesetzt, die Longfills verschlafen und die Aromakunden vergrault. Den gleichen Fehler haben aber auch andere in der Nachbarschaft gemacht.

Aromen hat man erst diesen Sommer wieder ins Program genommen, nachdem man sie 2018 hat auslaufen lassen. Da war das Publikum schon woanders am Shoppen und ob das noch wer bemerkt hat? Das darf man bezweifeln.

Das Personal

Das Personal hatte Erfahrung und konnte sowohl einem Umsteiger als auch einem erfahrenen Dampfer noch was beibringen. Da lag der Fehler sicher nicht. Etwas mehr Verkäufertalent hätte sicher nicht geschadet, aber es was schon ok.

Zumindest in den ersten 2 Jahren war man aber viel zu sehr auf die Blase fixiert. Und danach war es zu spät, um da noch was zu reißen.

Am Publikum vorbei gewirtschaftet

Nur hilft das alles nicht, wenn die Produkte nicht zu den Anwohnern und damit potenziellen Kunden passen.

Würde ich hinterm Tresen stehen, würde ich auch lieber einen DNA Mod mit einem tollen RTA verkaufen anstelle einem „Plastikbomber“ oder einem Podsystem. Nur muss am Ende vom Monat die Kasse auch stimmen und man muss sich Stammkundschaft aufbauen.

Ich war da gerne zu Besuch gewesen. Nur war mir schon seit mind. 18 Monaten klar, dass der Laden wohl mit dem Auslaufen des Mietvertrags verschwinden wird. Wie auch ein paar Wochen davor ein anderer, der nicht weit weg lag. Wenn man erlebt, dass 75% der Leute, die reinkommen, sich zwar die Produkte ansehen, aber eigentlich was in einer anderen (Preis)Klasse suchen, dann geht das nicht gut auf Dauer. Das sie „dieses Mal“ nichts kaufen ist an sich nicht so schlimm.

Schlimm ist, dass sie nach ein paar Mal nicht wiederkommen, da sie eh nicht finden, was sie suchen!

Uns „Freaks“ in der Blase spricht ein Shop der 75 % der Regalfläche für „eher hochwertige Hardware“ (ja ich weiß das definiert jeder anders, aber es war halt nicht das typische „Plastikbomber mit LED“ Sortiment) reserviert hat, sicher an. Aber wird das Geld nicht eher im Flüssigen verdient? Und sollte man da nicht das verkaufen, was die Kunden wollen?

Man muss es ja nicht empfehlen … aber verkaufen muss man es!

Zumindest wenn man auf Dauer erfolgreich sein will.

Das Spagat gegenüber dem Kunden, ihm sein „preiswertes Allday“ zu verkaufen und ihn gleichzeitig zu motivieren „sich auch mal was zu gönnen“, ohne dabei „penetrant“ zu werden und dabei auch oft genug Erfolg zu haben, macht den guten Verkäufer aus.

Wenn man dann mit ein paar Ex Kunden spricht, die man in anderen Shops, Stammtischen und co trifft, dann merkt man schnell, das sie woanders (was meist Online war) hin sind, weil das Allday Sortiment nicht gepasst hat. Und da ist wirklich das „Allday“ gemeint … Die „normalen“ Sachen, die einfach laufen und die die Kunden kaufen, weil es „gut genug“ und fair bepreist ist.

Genau das aber war Mangelware.

Überangebot vor Ort

Wir hatten schon Ende 2018 und vor den ganzen Marktveränderungen, zumindest meiner Meinung nach ein Überangebot hier vor Ort.

Wir haben aktuell immer noch 12 „Fach“Shops im direkten Einzugsbereich. Plus eine große Zahl von Kiosken, Tabakläden und co, die von Picos über viele Smok/Wismec Kits bis zu Caliburns oft „gut genug“ sortiert sind und die außer 10 ml Liquids heute auch Longfills, Base und Shots verkaufen. Plus die ganzen Produkte der Tabakindustrie die mittlerweile auch ganz ok funktionieren.

Bei ca. einer halben Million Einwohner im direkten Einzugsbereich (ich gehe mal von 1,25 % realer und aktiver Dampferquote aus. Egal wie viele Millionen Dampfer es laut irgendwelchen Pressemitteilungen geben soll), ergibt das ein Fachgeschäft auf knapp 520 Konsumenten. Wenn ich jetzt pauschal 50 % der Kunden außerhalb des Fachhandels ansiedele (Kioske, online oder heute auch bei was von der Tanke) bleiben 260 Kunden pro Shop.

In einem Land wie Österreich ohne Onlinehandel würde das reichen. Hier ist das selbst als Optimist sehr knapp.

Und natürlich ist mir sehr wohl bewusst, dass es Orte gibt mit einer merklich höheren Shopdichte. Aber da muss man sich das Publikum auch genau ansehen. Habe ich z. B. viele US Soldaten als Kunden, die ein anderes Preisniveau bei Flüssigem gewohnt sind, kann das auch mit mehr Shops klappen. Oder wenn man lokal mehr Dampfer hat, wie man statistisch erwarten würde. Ob das aber auf Dauer so bleibt?

Fazit:

Kann man heute als Offliner in Deutschland noch von Shortfills, DNA und YIHI Boxen, hochpreisigen Mechmods und High End RTAs leben? Wenn ja, sagt mir wo! Es mag in einer Millionenstadt noch Platz für einen „echten High End“ Shop geben, aber der muss dann nebenbei natürlich Online aktiv sein und auch wirklich Ausgefallenes da haben und nicht nur das „Standard Sortiment“ in dem Bereich.

In einer mittleren Großstadt bezweifele ich das, gerade wenn es bereits 2 Stores gibt, die das Segment auch abdecken und die Teil von Ketten sind, die bundesweit in dem Marktbereich aktiv sind und entsprechend bekannt sind.

Und den Bereich der preisgünstigen Waren, in dem man hier sehr wohl Luft hätte vor Ort, hat man zu lange ausgelassen. Den Bereich haben aber auch die Shops, die vorher geschlossen hatten, alle strikt ignoriert gehabt!

Ob es da einen Zusammenhang gibt, dass genau diese zuerst das Handtuch werfen müssen, die bis zuletzt auf Shortfills und andere „hochpreisige“ Flüssigkeiten gebaut hatten? Die Hardware sehe ich noch nicht einmal als so relevant an.

Ich sage mal ja.

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