Der gescheiterte Umstieg

Vorbemerkung Nummer 1: Mit „Umsteiger“ sind in diesem Artikel primär Personen mittleren und gehobenen Alters gemeint, die einfach nur von der Zigarette weg wollen. Und mit dem Umstieg meinen wir den kompletten Wechsel vom Tabak zur Dampfe.

Vorbemerkung Nummer 2: Das ist ein primär sarkastischer und kritischer Rückblick. Vieles davon ist zum Glück merklich besser geworden. Es gibt also eigentlich keinen Grund für diverse Marktteilnehmer – die sich in dieser Kolumne eventuell wiedererkennen sollten – sich zu sehr aufzuregen 😉 . Wir wissen natürlich, dass manche maximal den halben Text lesen werden, das bisschen, was sie gelesen haben, noch komplett falsch verstehen und jedes kritische Wort zur Branche als direkte und persönliche Beleidigung auffassen werden 😉 .

Mancher Kunde hingegen wird das eine oder andere hier lesen, das er so selbst erlebt hat.

DL als Umstieg

Das Thema fing für uns 2016 mit dem Trend an, Umsteigern DL Kits zu verkaufen. Wir fanden das damals schon eher hinderlich – aber egal. Jeder wie er mag, und wenn es klappt, ist es ja okay.

Wichtig ist am Ende nur, dass es funktioniert!

Parallel dazu wurde das Dampfen zum Lifestyle erklärt.

Ein Problem war, dass gewisse Gruppen von Neudampfern – die meist selbst ganz frisch dabei waren und sich kaum bis gar nicht auskannten – das gefeiert haben. Sie waren auch oft (noch?) Dualuser. Sie kannten meist nur wenige Setups, und Wolken waren wichtiger als die Sucht. Wenn die Sucht gegriffen hat, steckten viele davon sich eine Zigarette an. Und sie sahen das auch als normal an.So mancher von ihnen hatte die Idee, dass ein eigener Shop ein toller Plan sei. Jedem ein Alien Kit (Beispiel) verkaufen war halt einfach und hat sich gelohnt …. und oft genug hat das ja funktioniert. Es war zum Glück 2016 noch eine kleine Minderheit, die das getan hat.

Klein aber laut!

Wie so oft wurde das, was ein kleiner, aber lauter Teil der Blase laut feierte – obwohl es im Massenmarkt real gesehen langfristig wenig Sinn machte – auf selbigen übertragen, denn die Blase spiegelte in den Augen vieler ja alle Dampfer wieder. Mit dem kleinen, aber lauten Teil konnte man aufgrund eines harten HwV schnell viel Geld verdienen.

Das wurde dann 2017-2018 fast zur Normalität … nur, dass es nicht mehr „nur“ Alien Kits waren. 3-4 Akku Boxen mit Tanks, die unter 100 watt kaum performen waren das, was viele Umsteigern verkauft und empfohlen haben.

Nur dass es klargestellt ist: Einem Umsteiger einen moderaten DL Tank zu verkaufen – wenn das zu ihm passt – verstehen wir durchaus.

Die Wolkenschleudern mit 8-fach Coil, die damals Umsteigern (!!) verkauft und empfohlen wurden, waren aber nicht das richtige Gerät zur richtigen Zeit. Sie waren und sind absolut okay für den erfahrenen Dampfer, aber nichts als erstes Gerät. Selbst wenn das bei dem einen oder anderen funktioniert haben mag, ändert das nicht unsere Meinung, dass es bei zu vielen eben nicht funktioniert hat.

Mythen und Legenden

Gerne erzählen einem heute Leute, dass nur der Weg des Dampfens in den Lifestyle „damals“ die E-Zigarette davor bewahrt hat, in der Apotheke zu landen. Es ist uns absolut unklar, was man geraucht haben muss, um das zu glauben.

Als 2012-2014 die Apothekenpflicht gerichtlich durch die Instanzen ging und abgelehnt wurde, war das nicht aufgrund des „Lifestyles“. Es passierte aufgrund eines (damals) fehlenden Wirksamkeitsnachweises, den man nicht mit ausreichenden Studien belegen konnte. Das Dampfen als Lifestyle kam erst danach.

Gleich etwas „Richtiges“ kaufen

Das Argument, beim ersten Setup „gleich etwas Richtiges zu kaufen„, hören wir bis heute. In der Theorie spricht da auch nichts dagegen. Nur was ist das richtige für genau den Umsteiger, den man vor sich hat?

Etwas, das gerne teurer und qualitativ hochwertig ist, darf es schon sein.

Der Umsteiger war Raucher … das sind heute leicht mal mehrere hundert Euro jeden Monat. Sparen um jeden Preis ist eindeutig falsch! Aber es darf ihn auch nicht überfordern und muss zum Umstieg für ihn passen. Gleichzeitig soll es im Optimalfall flexibel genug sein, um an sich ändernde Wünsche des Umsteigers angepasst werden zu können.

Da jeder Dampfer anders ist, gibt es keine pauschale Formel, wie man „richtig“ umsteigt. Man kann aber sagen, dass bei vielen Umsteigern der Weg mit DL und fetter Leistung nicht so gut funktioniert hat. Und wenn es nicht relativ schnell funktioniert, bleiben die meisten nicht lange dabei.

Diese „Ex Dampfer“ finden wir in der Blase nicht mehr. Sie rauchen grossteilig einfach wieder und gut ist es. Oder es ist eben NICHT gut!

Wir alle kennen genug Raucher, die es nicht geschafft haben. Genau wie wir alle zu viele Dualuser kennen …. und nein wir wollen niemandem das Recht absprechen, zu rauchen. Die Dualuser tun uns aber in der Aussenwahrnehmung weh. Wie oft lesen und hören wir, dass die meisten ja eh beides tun würden. Damit wird unterstellt, dass dampfen nicht dabei hilft, vom Tabak oder von der „Nikotinsucht“ wegzukommen, sondern nur ein weiteres Laster dazugewonnen wird!

Wie viele M2L Dualuser kennt ihr denn so? Wir kennen sehr sehr wenige …. Wenn ihr welche kennt, packt es uns in die Kommentare!

Und dann kam die TPD2

Direkt mit Inkrafttreten der TPD2 und dem Wegfall der nikotinhalten Basen in Grossgebinden sah man die Zeit als reif dafür an, den Kunden von Aromen weg zu bekommen. Wenn nicht jetzt dann niemals … da man eh schon lange gerade auf den US Markt neidisch geschaut hatte, wunderte das wenig.

2017 wurde sehr konzentriert und von vielen Anbietern fast zeitgleich versucht, Shortfills am Markt zu etablieren. Neues als Aroma gab es kaum noch. Die Hoffnung war, dass der Kunde – und da gerade die neuen Umsteiger – sich daran gewöhnen und das auf Dauer fressen.

Man war fest davon überzeugt, dass mit genug Werbung und mit genug Influencern, die sie als #beschde anpreisen, die Shortfills schon laufen werden. Die Shops, die Umsteiger beraten, machten mehrheitlich bereitwillig mit. Verstehen wir auch absolut.

Viele Marktteilnehmer wollten eigentlich gar nichts anderes mehr verkaufen und hatten auch vieles aus dem Sortiment genommen.

Natürlich sind Shortfills einfach und narrensicher. Der Kunde braucht keine Base, keine Spritzen, keine Flaschen und auch keinen Plan. Einfach den Shot in die Flasche schütten – und los geht´s. Und Kunden, die nichtmal Base daheim haben, kommen auch nicht auf so „blöde“ Ideen wie mal was selbst zu mischen 😉 .

Teilweise wurden Sorten, die es vorher als Aroma zu 5€ gab (das reichte für 200ml fertiges Liquid), als Shortfills in 100/120ml für 25€ auf den Markt geworfen. Und das sogar noch geschmacklich eher unterdosiert! Offensichtlicher ging es kaum. Und nein, es haben NICHT alle so agiert auf dem Markt! Aber genug.

Der Versuch war auch absolut legitim!

Er ist halt gescheitert …. auch das wäre an sich nicht schlimm.

Man hat damals nur einen massiven Fehler gemacht:

Man hat auf 50/60ml Shortfills gesetzt und das Ganze damit auf 3mg/ml Nikotin limitiert.

Als Einwurf: Es gab und gibt auch Shortfill-Modelle mit 40/60 oder 50/70ml auf dem Markt, die zumindest 6mg/ml erlauben. Wir haben sogar schon 30/60ml gesehen, was dann knapp 10mg/ml ergibt, und damit wären wohl >95% der Kunden abgedeckt gewesen. Uns fällt aktuell nur ein Anbieter ein, der das in D je so ausgeliefert hat. Und wir sind mal gespannt, ob uns den jemand in den Kommentaren nennen kann 😉 .

Viele langjährige Dampfer, die M2L oder auch bei niedrigen Leistungen DL dampfen, sind damals aber mit den 3mg/ml direkt als Kunden herausgefallen. Bei denen war das auch ok … die haben eh schon lange gemischt und wussten, was sie tun. Der Umsteiger, der zu Beginn oft mehr als 3mg/ml brauchte, hatte aber ein Problem. Damit hat man vom ersten Tag an einen großen Teil des potentiellen Marktes ausgeschlossen.

Und das – denken wir – sogar recht gezielt und geplant.

Wir haben das schon damals in genug Gesprächen quasi direkt ins Gesicht gesagt bekommen. Der „klassische“ M2L Dampfer hat seine 2-5ml Liquid mit 9-18mg/ml am Tag verbraucht. Damit reichen diesen Kunden 60ml schon gute 2 Wochen. Diese Sorte Kunde jucken 20€ für die Flasche dann auch nicht so sehr. Die Kunden eines Liquidanbieters aus Berlin – der bis heute seine „echten Premiums“ bis 18mg/ml vertreibt – haben wir nur extrem selten über die Preise jammern gehört.

Aber das waren nicht die Kunden, die man wollte

Man wollte lieber eine DL Einsteigerfraktion gewinnen (und erziehen), die alle 2-3 Tage eine Flasche leer hat. Und weil die eh frisch vom Rauchen kommen sind, waren sie an 5+ Euro am Tag als Preisniveau gewöhnt. Ganz nebenbei hat man primär Sorten auf den Markt geworfen, die auch eher den „Coil/Wattekillern“ zuzurechnen sind. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Win-Win nennt man sowas 😉 .

Es werden viele jetzt aufschreien, dass SIE niemals so agiert haben. Schaut euch die „Werbevideos“ aus der Zeit an, schaut euch die alten „Streams“ an. Denkt daran zurück, was 2017-18 Umsteigern verkauft und empfohlen wurde. Vor allem auch die Erfahrungsberichte von vielen verzweifelt scheiternden Umsteigern in der Phase bleiben und blieben vielen im Gedächtniss. In Foren, Gruppen und auch privat haben sie berichtet, wie schwer ihnen der Umstieg fällt. Gerade jetzt liest man auch wieder häufig „nachdem ich es vor 2-3 Jahren schonmal versucht hatte und wieder geraucht habe, möchte ich jetzt noch einmal neu anfangen zu dampfen“ – und plötzlich sehen die Empfehlungen für diese Leute ganz anders aus…

Ab Anfang/Mitte 2019 wurde es aufgrund des Pod- und M2L-„Booms“ merklich ruhiger und für Umsteiger wieder erfolgreicher! Nur war bis dahin eigentlich eine Generation Umsteiger verloren, die der Markt gebraucht hätte, um 2019 aufzufangen.

Wir wissen grob, wie oft unser Ende 2016 verfasster Umsteigerguide gelesen wurde, der damals durch viele Gruppen geteilt wurde und teilweise abgewandelt bis heute verwendet wird. Und wir wissen, wie viele DL Umsteiger – die viel zu lange Dualuser geblieben sind – sich dafür bedankt haben. Wir wissen aber auch, wie viele Leute, die in der Branche gearbeitet haben immer und immer wieder gepredigt haben, dass DL viel besser und moderner ist und damit der Umstieg gleich leicht ist. Teilweise tun sie das heute noch.

Da gerade viele frische Umsteiger stark auf die Werbung, die Fachverkäufer und die Influencer gehört haben, trauen wir uns zu sagen, dass der Hype zu dem Thema vielen den erfolgreichen Umstieg versaut hat.

Da wurden keine Leben gerettet, da wurde Kasse gemacht!

Das sehen wir so einfach, und jeder, der in dem Zeitfenster Umsteiger – egal ob RL oder in Foren bzw. Gruppen – betreut hat, weiss das auch! Denen konnte man 100 mal sagen, dass sie halt mal M2L und 12+ mg/ml versuchen sollen, wenn der Umstieg DL nicht klappen will.

Nach dem nächsten Besuch im „Fachgeschäft“ war alles vergessen, denn dort wurde ihnen ja vom „Fachverkäufer“ erklärt, wie falsch das ist. Und dass der nächste DL Tank plus 3 weitere 3mg/ml Shortfills das Problem sicher lösen wird.

Um es noch einmal zu sagen: Uns war und ist egal, wie jemand umsteigt, solange es erfolgreich ist! Aber wenn Weg A nicht funktioniert, sollte man schauen ob der „andere“ Weg nicht vielleicht besser zu einem passt 🙂 .

Es gibt ein (vermutlich fälschlicherweise) Albert Einstein zugeschriebenes Zitat, das hier wunderbar passt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Ein Blick auf die Zahlen

Laut dem Faktenreport des VdeH hatten wir 2015 schon ca. 3 Millionen Dampfer in Deutschland. 2016 sollen es sogar 3,5 Millionen gewesen sein. Andere Berichte aus der Zeit kommen zu ähnlichen Zahlen. Diese Nutzerzahlen sind seit damals nicht signifikant gestiegen. Woran das eventuell wohl liegt 😉 ?

Es liegt sicher nicht daran, dass keiner mehr Umsteigerkits verkauft hat. Und auch sicher nicht daran, dass keiner mehr versuchte, umzusteigen.

Wäre das der Grund, dann wäre das grosse Jammern der Branche im Herbst 2019 anders ausgefallen. Denn genau der fehlende Umsatz mit Umsteigern wurde von so manchem Marktteilnehmer für bis zu 50% Umsatzeinbruch verantwortlich gemacht.

Der Umsatz ist aber seit 2015 um mehr als 100% gestiegen. Es wurden also offenbar teurere Podukte verkauft, bei einer gleichzeitig massiv sinkenden Erfolgsquote bei den Umsteigern. Kann man damit zufrieden sein? Wir denken nein!

Die Zahlen der Verbände stehen im Widerspruch mit anderen Marktstudien, was die Kundenzahlen angehen. Dort sieht man seit Ende 2016 eher sogar einen langsamen, aber Stabilen Rückgang der Kunden.

Die Folgen

Genau die vielen „wieder Raucher“, die es „damals“ nicht geschafft haben, sind die fehlenden Kunden von heute und auch die effizientesten Kritiker. Es hat bei ihnen nicht geklappt, also funktioniert es generell nicht, hört man immer wieder von ihnen. Gegen diese Negativkritik ist schwer anzugehen. Sie erzählen ihre eigene Story, wie sie über Monate versucht haben, umzusteigen und dabei einige hundert Euro im Offi gelassen haben. Und wieder rauchen, weil es einfach nicht geklappt hat. Das Geld sollte dabei eigentlich sogar egal sein … das haben sie weniger verraucht, aber wir wissen alle, wie Menschen sind. Sie sehen ihre Dampfe jeden Tag im Regal stehen und ärgern sich über das ausgegebene Geld. Die Kippenstummel fliegen mit dem Müll raus und sind vergessen.

Das ist genauso glaubhaft und richtig wie unsere Erfahrungen, die wir recht problemlos und erfolgreich umgestiegen sind.

Wir hoffen, dass die Branche daraus lernt und den Fehler nicht wiederholt. Viele Dinge im Dampfermarkt sind zyklisch und wiederholen sich regelmässig, und der nächste DL Boom kommt bestimmt. Vermutlich so schnell, wie die Branche ihn herbeireden kann … denn mehr Watt = mehr Liquidverbrauch = mehr Umsatz. Die ersten Stimmen in der Art hören wir schon ….. und wir hoffen, dass man sich das nächste Mal wenigstens bei den Umsteigern damit etwas zurückhält. Erfolgreiche Umsteiger generieren Stammkunden, und diese sind das Wichtigste für einen Einzelhändler.

Wir hoffen, ihr alle habt diesen Ausflug in die Vergangenheit mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen und freuen uns über Feedback auf unserer Facebook Seite